Mitte des 19. Jahrhunderts war es für viele Arbeiter noch üblich, aus Ortsteilen wie Gustorf oder Kapellen Fuß nach Grevenbroich zu kommen. Das änderte sich am 3. Mai 1869, als der damals wichtigste Wirtschaftsmotor, die Eisenbahn, auch nach Grevenbroich kam.
Am 1. September 1869 konnte die neue Strecke Düren-Neuss eröffnet werden - und mit ihr das Bahnhofsgebäude in Grevenbroich. Vom Baustil her erinnerte das Gebäude an Karl-May-Filme, gerne sprach man von Wildwest-Bahnhöfen. Das baugleiche Schwestergebäude in Kapellen ist bis heute fast unverändert geblieben. Bis 1898 gehörte das Bahnhofsviertel noch zur Gemeinde Elsen. Der Bahnhof war ein Wirtschaftsmotor. Er beschleunigte die Bebauung der Rheydter Straße und des gesamten Viertels, da der wirtschaftliche Aufschwung immer neue Zuzügler anzog. Theodor Fontane formulierte das einmal so: "Am Bahnhof sah es aus, als habe das Städtchen verzweifelte und hastige Anstrengungen gemacht, sich mit Straßenzeilen an eine entfernte Schienenstraße heranzuschieben."
1890 kam ein zweites Gleis dazu, Grevenbroich war Eisenbahnknotenpunkt.
Das neue Bahnhofsgebäude in Grevenbroich, vom Elsener Architekten und Bauunternehmer Conrad Schmidt geplant und im Jugendstil gebaut, beherbergte übrigens nach seiner Fertigstellung den im Vergleich zu heute gigantischen Beamtenapparat von 36 Bediensteten, die dem Bahnhofsvorsteher Hermann Miebach unterstanden.
Bereits 1911 war der Bahnhof zu klein. Forderungen nach einem Bahnhof am östlichen Ortsrand wurden nicht erhört und die Grevenbroicher Fabrikanten mussten sich weiterhin mit dem zentralen Bahnhof arrangieren. Dieser fiel wenige Monate vor Ende des zweiten Weltkriegs noch einer alliierten Offensive zum Opfer und wurde vollends zerstört.
Erst 1951 entstand das nunmehr dritte Gebäude an seiner Stelle.
Mit zunehmendem Pkw-Verkehr entwickelte sich die Rheydter Straße besonders im Bereich des Bahnübergangs zum Problem. Heiß und heftig", wie Stadtarchivar Thomas Wolff sagte, wurde in den 1960er Jahren über eine Hochstraße debattiert, deren Bau die gewerbetreibende Bevölkerung letztlich verhinderte.
Als Lösung wurde Jahre später - im Zuge der Landesgartenschau 1995 - dann der Elsbachtunnel errichtet.
Damit gehörte die "Glück-auf-Schranke" (... wenn du Glück hast, ist sie auf...) der Geschichte an.
1981 machte sich ein Bewohner des Bahnhofsquartiers mit einem Leserbrief Luft. Seit 15 Jahren gingen die Planungen für das Bahnhofsquartier hin und her. Eine Entscheidung - nämlich der Bau der Elsbachspange - wurde erst in den 1990er Jahren herbei geführt. Bereits damals war die ausbleibende Bürgerbeteiligung ein Grundproblem. Eine Gruppe der betroffenen Anlieger entschied sich in den 1960er Jahren sogar, geschlossen in die CDU einzutreten, um "von innen heraus" für das Viertel zu arbeiten.
Sie verschwanden im politischen Bermuda-Dreieck.
Die Rheydter Straße wurde unterbrochen, ein Wendekreis brachte erst Verwirrung, dann Unruhe und schließlich ewige Ruhe, weil die meisten Geschäfte und Lokale in diesem Umfeld den Frequenzwegbruch nicht überlebten.
Das Trading Down des Viertels begann. Immer wieder wurde das Viertel zum Thema, Glücksspiel, Prostitution, Wohnungen wurden zu Monteurunterkünften. Seit gut fünf Jahren hat sich nun auch das Drogenmilieu hier etablieren können.
Jetzt soll das Viertel im Rahmen von ISEK eine neue Chance bekommen. Statt eines Sozialplanes werden aber Straßen und Plätze geplant. Wir haben aus den Ereignissen der 1970/90er Jahre gelernt.
Es gibt Teile der Geschichte, die sollte man nicht wiederholen. Deshalb fordern wir eine klare und rechtzeitige Bürgerbeteiligung! Hier besteht keiner "Holschuld", sondern eine "Bringschuld" von Politik und Verwaltung.